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«Früher nannte man mich Störungs-Otti»

29.10.2024

Am vergangenen Freitag, 25. Oktober 2024, war Othmar Schärers letzter Arbeitstag bei der EKT AG. In den fast 33 Jahren, in denen er als Operator in der Leitstelle gearbeitet und dabei das Thurgauer Netz überwacht hat, veränderte sich enorm viel. Das einzige, was immer konstant blieb, sei die beispielhafte Kollegialität in seinem Team «und die Freundschaften, die daraus entstanden sind», gewesen.

Othmar Schärer bei seiner Abschieds-Ansprache in Arbon. Für ihn besonders wichtig: «Die Freundschaften und die vorbildliche Kollegialität über all die Jahrzehnte.»

Mit leuchtenden Augen erzählt Othmar Schärer von seinem ersten Tag bei der EKT AG, ab dem 6. Januar 1992. «Das war noch eine ganz andere Zeit damals, noch nichts war digitalisiert.» Als Operator der EKT-Leitstelle musste ich bei jedem Alarm, zu jeder Tages- und Nachtzeit, sofort ausrücken und in die (damals) neu aufgebaute Leitstelle nach Arbon fahren. «Entsprechend war es auch vorgeschrieben, dass man im Radius von höchstens zehn Minuten um Arbon wohnen musste, und natürlich auch im Kanton Thurgau. Seither wohnt die Familie Schärer in Neukirch-Egnach.»

Der Spitzname «Störungs-Otti»
Pro Monat musste jeder aus dem Team eine Woche Pikettdienst leisten. «Und aus irgendeinem unerfindlichen Grund hatte immer ich Präsenzdienst, wenn es grosse Störungen gab.» Was Othmar bestens in Erinnerung geblieben ist, ist der Sturm «Lothar» am Stephanstag 1999: «Ich hörte auf dem damals noch an den Wochenenden vorgeschriebenen, täglichen Kontrollgang erst ein Bimmeln, und der erste Alarm kam rein. Und dann, wenige Sekunden später, noch ein Bimmeln, und dann noch eines. Und dann hörte das Bimmeln einfach nicht mehr auf, auf den Bildschirmen erschienen im Sekundentakt neue Meldungen von Störungen und Ereignissen im gesamten Thurgau.»
Zu seinem Glück sei ein Kollege der Messtechnik ebenfalls, trotz Feiertag, auf Kontrollgang gewesen und hätte weitere Teamkollegen aufbieten können, um die Situation zu handeln. «Ansonsten wäre das nie möglich gewesen», wie Othmar Schärer sagt.
«Der Umstand, dass immer ich Präsenzdienst hatte bei den grossen Störungen, hat mir, abgeleitet durch das damals intern gängige Kürzel ‘SO’ den Spitznamen ‘Störungs-Otti’ eingebracht», sagt er schmunzelnd.

Schmerzhafte, aber auch schöne Erinnerungen
Nach seinen prägendsten Erinnerungen aus fast 33 Jahren gefragt, sagt Othmar: «Das ist der tragische Tod meines lieben, jahrelangen Bürokollegen Stefan Neidhart vor ziemlich genau einem Jahr.» Er hätte mit Stefan all die Jahrzehnte eine super Zeit verbracht, und es sei nie ein einziges Unwort gefallen zwischen den beiden. «Sein Tod hat mich tief getroffen.»
Positiv hingegen sei, wie Othmar sagt, «die Erinnerung an den ausserordentlich tollen Teamgeist im Leitstellenteam sowie auch die immer tolle Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen der anderen Abteilungen.»

Stolz auf die Aufgabe in der Leitstelle 
«Für mich war der Leitstellen-Dienst immer das Allerwichtigste. Für unsere Kundinnen und Kunden, für den Kanton Thurgau», erklärt der Bald-Rentner. «Natürlich gab es da die Spannungsumstellung, die mich, wie alle hier, über die Jahrzehnte begleitete. Oder OSTRAL, was für uns viel Aufwand bedeutet hat. Aber zentral für mich war wirklich immer, dass das Stromnetz des Thurgau zu jeder Tages- und Nachtzeit stabil und möglichst störungsfrei funktionierte.»
Diese Aufgabe habe ihn mit Stolz erfüllt und ihm immer Spass gemacht. «Ich habe all die Jahre immer wirklich gerne gearbeitet.»

Pläne für die Zeit ab Montag
Und natürlich darf hier die Frage auch nicht fehlen, was denn ab Montag, wenn er Pensionär sein wird, sein Leben bestimmt. Mit einem Strahlen in den Augen lacht Othmar: «Mir wird es bestimmt nicht langweilig! Ich singe leidenschaftlich gerne, und zwar im Chor Amazonas sowie im Männerchor Neukirch-Egnach. Dann sind da noch unsere drei Grosskinder – das Vierte ist unterwegs, die wir zwei Tage die Woche hüten. Und ich habe noch so manche Arbeit am und im Haus, die ich immer aufgeschoben habe für die Zeit, wenn ich dann mal pensioniert bin. Das alles nehme ich nun natürlich an die Hand.»
Wie wenn das alles noch nicht reichen würde, fährt er fort: «Und wir werden vermehrt Ferien machen. In Mallorca. Dorthin ist nämlich mein Bruder vor über 50 Jahren hingezogen, und fast ebenso lange haben wir dort unsere Finca.»

Herzlichen Dank an die tollen Kolleginnen und Kollegen
Wenn man das alles so hört, fragt man sich, ob Othmar überhaupt etwas vermissen wird, wenn er nicht mehr täglich nach Arbon zur Arbeit fährt? «Vermissen werde ich sicher meine Kollegen, mit denen ich teilweise Jahrzehnte hier zusammengearbeitet habe. Und bei denen ich mich ganz herzlich bedanke für die immer tolle Zusammenarbeit und die Freundschaften, die daraus entstanden sind.»